Geschichte: Eine Bank über dem See

Einfach mal unterm Himmel sitzen

Auf dem Monte San Giorgio wandert man über Millionen Jahre Geschichte

Dieses Plätzchen hat sich Martina verdient. Beim Erklimmen des Monte San Giorgio geht einem fast die Puste aus, aber garantiert bleibt sie einem weg, wenn oben angekommen. Der Blick, der einen empfängt, ist atemraubend. Und dann ist da noch diese Art Berghütte, die für ein paar Münzen eine Erfrischung bereithält. Im Mendrisiotto kann man zuerst auf Millionen Jahren von Geschichte wandern und sich dann einfach hinsetzen und den Ausblick geniessen.

DAS IST

Martina Zanetta, Studentin mit Aussicht

Martina Zanetta, Studentin mit Aussicht
Die Aussicht ist wunderschön. Um dieses Foto werden mich meine Freunde beneiden.

Martina liebt es, zu reisen und zu träumen. Andere Kontinente, andere Kulturen, einmal mit der transsibirischen Eisenbahn fahren, ja natürlich, aber hier ist wo diese Neugier begonnen hat: im Tessin. Und besonders in der allersüdlichsten Region, wo es überall Ecken zu erkunden und Überraschungen zu erleben gibt, die sich manchmal in wirklich unerwarteten Plätzchen verstecken. 

Das ist für Martina und ihre Freundin… Martina zwar nichts Neues, doch als sie sich heute morgen aufmachten, um den Monte San Giorgio zu erobern, hätten sie nie gedacht, dass sie auf knapp 1’000 Höhenmetern einen analogen Getränkeautomaten finden, der offline funktioniert. 

Gibt es das noch? Kein Hightech, kein Wi-Fi, keine Knöpfchen zu drücken oder Codes einzugeben. In der kleinen Hütte, die sich an die Kapelle am Gipfel des Monte San Giorgio schmiegt, ist einfach nur ein Schlitz in der Steinmauer, gross genug um 3 Frankenstücke reinfallen zu lassen und sich dann an der kleinen Auswahl von Getränken zu bedienen. Was für eine nette Geste!

Gerade hat man sich durch Buchen- und Kastanienwälder bis zum Gipfel hochgearbeitet und nun diese Belohnung. Der erste Schluck zaubert gleich ein Lächeln ins Gesicht. «Das muss ich mir merken,» denkt sich Martina. «Wenn wieder mal Besuch kommt, gehen wir hierher.»

Der Weg nach oben ist recht steil. Von Meride führt er zuerst schattig im Wald und über einen holprigen Steinweg, um dann im letzten Drittel nochmal richtig fordernd zu werden. Den Gipfel vor den Augen, er scheint nicht mehr weit, aber die knapp 500 Höhenmeter, die man seit Meride hinter sich gelassen hat, machen sich im letzten sonnigen Stück richtig bemerkbar.

Aber einmal oben angekommen hält man nur noch den Atem an: das Panorama ist sagenhaft. Freier Blick auf den Luganersee mit all seinen Verschlängelungen, Morcote, Melide, Campione d’Italia, die Welt scheint den Mädchen zu Füssen zu liegen und räkelt sich vor der roten Bank. 

Wer zuerst kommt, sitzt zuerst. Geduldig stellt sich Martina an, das Warten auf die Pole Position lohnt sich. Um dieses Foto werden sie ihre Freunde beneiden! Hier noch ein Selfie, dort ein Panoramafoto und schon ist die kleine Pause vorüber und die zwei Freundinnen schlagen den Weg nach unten ein.

Panorama vom Monte San Giorgio

 Denn so eine Wanderung macht hungrig und das nächste Ziel liegt klar vor ihren Augen und am Weg: die Alpe di Brusino, ein bisschen Aufschnitt, Käse und dazu eine gekühlte Gazzosa.

Ein atemberaubendes Panorama und viel Geschichte: Wenn wieder mal Besuch kommt, gehen wir hierher.

Doch vorher treffen die zwei Martinen noch auf ein Jahrhunderte altes Wahrzeichen: die uralten Kastanienbäume auf der Alpe di Brusino.

Was haben diese wohl nicht schon alles gesehen und erlebt? Verwinkelt und verwachsen erwarten sie seit jeher die Wanderer und Grottobesucher.

In der italienischen Schweiz gibt es ungefähr 300 von diesen monumentalen Kastanienbäumen. Einige von ihnen haben einen Umfang von mehr als 10 Metern und sind zwischen 300 und 700 Jahren alt.
Martina ist beeindruckt. Und fühlt sich neben diesen Riesen plötzlich ganz klein. 

Pro tip
Land der Künstler: Meride ist der Geburtsort von Künstlern, Bildhauern und Architekten aus der Zeit der Renaissance und des Barock. Vom Monte San Giorgio blickt man auf Melide und Bissone, die Geburtsorte von Domenico und Carlo Fontana bzw. Francesco Borromini.
Einige Schritte westlich sind Sie mitten im Ersten Weltkrieg: Wenn man von Meride Richtung Landesgrenze fährt, stehen noch die 1915 errichteten Befestigungsmauern der Cadorna-Linie.
Eine seit über 6'000 Jahren besiedelte Anhöhe. In der Nähe von Meride kann man den Archäologiepark von Tremona-Castello besuchen, dessen Ursprünge bis in das Neolithikum zurückreichen. Für alle, die vollständig in diese Zeit eintauchen möchten, stehen 3D-Brillen bereit.

Bei der Wanderung heute morgen war einiges dabei an Eindrücken und Überraschungen und nach dem Mittagessen kommt fast ein bisschen Müdigkeit auf. Deshalb geht es auf dem schnellsten Weg nach unten, bequem mit der Funivia Serpiano, der ältesten, automatisierten Seilbahn der Schweiz. Über Baumwipfel gondelt sie gemütlich dem See entgegen, bis sie in Brusino Arsizio ankommt.

Der liegt aber auch schön und einladend vor dem kleinen Grenzort: Bootstour gefällig?

«Hier noch ein Selfie, eine kleine Pause und man schlägt den Weg nach unten ein. Wandern macht hungrig: ein bisschen Aufschnitt, Käse und dazu eine gekühlte Gazzosa in einem Grotto.»

INHALTE TEILEN

FÜR SIE EMPFOHLEN


Geschichten

ZUR NÄCHSTEN GESCHICHTE