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Corteglia

Corteglia ist einer der vielen Ortsteile von Castel San Pietro; hier fanden sich die ersten menschlichen Siedlungen auf dem Gemeindegebiet. Ein anderer Ortsteil Obino, das von den Langobarden gegründet und zum Königshof wurde, also zum Sitz des „Schultheißen“, dem Vertreter des Grafen von Seprio in der Region. Der Gefolgsmann von Kaiser Lothar II., Siegradus, schenkte Obino und Corteglia im Jahr 865 dem Mailänder Kloster Sant’Ambrogio, welches damals als „curs“ geführt wurde, einem für die Aufbewahrung des Getreides bestimmten „kleinen Hof“ neben dem Königshof. Auch später drehte sich das Leben des Bezirks um diesen Ortsteil, da er an der „Königsstraße“ lag, also am einzigen damaligen Verbindungsweg zwischen Chiasso und Mendrisio.

 

Die Anmut dieses Kerns mit seinen schönen, von Weinbergen umgebenen Bauernhäusern, der sich ursprünglich entlang der einzigen Straße - Via delle Corti - entwickelt hatte, hat auch den Aargauer Künstler Samuel Wülser (1897-1977) beeindruckt; dieser war ein Schüler von Vibert und Vernay, ein begnadeter Porträt- und Landschaftsmaler, der 1923 beschloss, sich im Mendrisiotto niederzulassen. Angetan von den idyllischen Landschaften machte der Maler Corteglia zu seinem Atelier und die Menschen vor Ort zu seinen Modellen. Der Künstler hat zahlreiche Gemälde, Zeichnungen und Pastellbilder hinterlassen, aus denen seine große Sensibilität durchscheint; er unterhielt Kontakte zu der Gruppe Rot-Blau und der Gruppe 33 und gründete später zusammen mit Guido Gonzato, Ernst Musfeld, Aldo Patocchi, Anita Spinelli und Ugo Cleis die „Gruppo del Mendrisiotto o dei Solidali“. Außerdem erschuf Samuel Wülser zwischen 1941 und 1966 etwa zehn große Wandmalereien, die bekannteste ist „La fiera di San Martino“ (1947 auf Tafel gemalt) im Hotel Commercio in Mendrisio.

 

Genauso wie vor ihm der expressionistische Maler Albert Müller (1897-1926), welcher seine letzte Ruhestätte unter dem Kirchplatz der Kirche Sant’Antonino in Obino gefunden hat, ließ sich auch Wülser in Castel San Pietro beerdigen; sein Grab ist auf dem Gemeindefriedhof zu finden.