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Gastronomisches Brauchtum im Monat Juni

Eine der wichtigsten Hausfrauenpflichten zu Beginn des Sommers war die Zubereitung des Ratafià oder Nocino (Nussschnaps). Es handelt sich um einen Likör, der die Verdauung fördert. Die noch grünen, am Tag des heiligen Johannes gepfückten Nüsse werden in Branntwein eingelegt, angereichert mit Zucker, Vanille, Gewürznelken und Muskatnuss. Der Topf muss bei häufigem Umrühren 40 Tage an die Sonne gestellt werden. Jede Hausfrau hat ihr eigenes Rezept, auch wenn es heisst, das Geheimrezept der Klosterbrüder sei unübertrefflich. Je nach Art der Zubereitung kann die Zahl der Nüsse oder die Verwendung einzelner Gewürze von der Norm abweichen. Manche filtrieren die Mischung schon nach 20 Tagen, um sie dann nochmals 20 Tage der Sonne auszusetzen. Andere lassen die ganze Frist verstreichen, bevor der dunkle Likör mit seinem einmaligen Geschmack gefiltert und in Flaschen abgefüllt wird.
Eine andere Gewohnheit war die Fischkonservierung. Der Fischfang war in dieser Jahreszeit reichlich, wie das Sprichwort sagt: "Per San Giovanni riempiamo il cesto, per San Pietro riempiamo il gerlo" (Am Johannestag füllen wir das Körbchen, am Peterstag den Rückentragkorb). Der Fisch wurde bis im Herbst haltbar gemacht durch Trocknen und Pressen zwischen Schichten von Lorbeerblättern.