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Cà di Ferro

Am oberen ende des Lago Maggiore, längs der Route von Bellinzona nach Locarno, wurden im Mittelalter verschiedene Burgen errichtet. Eine bedeutende Wehranlage erhob sich bei Gordola, und im heutigen Campanile der Kirche S. Quirico zu Minusio streckt ein mittelalterlicher Wehrturm, wahrscheinlich der Rest einer grösseren, mittlerweile verschwundenen Wehranlage. Viel jüngeren Datums als diese nur noch in Resten erhaltenen Bauten ist die Casa di Ferro, ein schlossartiger Gebäudekomplex am Seeufer bei Minusio. Heute zwischen Eisenbahnlinie und Seepromenade eingeklemmt, kommt das schloss mit seinem etwas schäbig gewordenen Äusseren nur noch wenig zur Geltung. Und trotzdem haben wir mit der Casa di Ferro ein Baudenkmal vor uns, das an eine bedeutende Epoche der Schweizer Geschichte erinnert, an die Glanzzeit des Reislaufens im 16. Jahrhundert.

Der mehrteilige Gebäudekomplex besteht aus einem grossen Wohntrakt, einem freistehenden, vorgeschobenen Viereckturm und einem Vorhof, in dessen Ecke sich eine kleine Kapelle erhebt. Der Viereckturm, bewehrt mit Schartenfenstern, trägt einen auf Steinkonsolen vorkragenden Oberbau mit Schlüsselscharten für Handfeuerwaffen. Vom Wohntrakt aus kann der Turm über eine kurze Verbindungsbrücke aus Stein durch einen Hocheingang betreten werden. Dieser Viereckturm stellt den bemerkenswerten Versuch dar, die im 16. Jahrhundert längst überlebte und veraltete Burgenarchitektur zum Zweck der Repräsentation neu zu beleben.

Vom gleichen Baugedanken ist der Wohntrakt erfüllt. Er gruppiert sich im Geviert um einen Viereckhof. Über dem Eingangstor ragt ein kleiner Glockenturm empor, und in der Nordwestecke des Trakts erhebt sich ein Viereckturm mit flachem Pyramidendach. An der Südwestecke war einst eine Pfefferbüchse angebracht, die den burgartigen Charakter des Bauwerks unterstrich. Obwohl der Wohntrakt grosse Fensteröffnungen aufweist, erweckt er einen düsteren Eindruck, was vor allem die massive Fenstervergitterung hervorruft, die dem Bau fast einen gefängnisartigen Charakter verleiht. Die Umfassungsmauer des äusseren Hofes, der einst der Seeseite des Gebäudes vorgelagert war und die Kapelle einschloss, ist heute durch eine Grünhecke ersetzt, wodurch die Kapelle mit ihrer Renaissance-Vorhalle besser zur Geltung kommt. Erbauer der Casa die Ferro war Peter a Pro, der Sohn von Jakob a Pro, der um 1556/59 das nach der Familie benannte Schloss zu Seedorf in Uri errichten liess. Ungefähr um die gleiche Zeit erbaute Peter a Pro die Casa di Ferro zu Minusio. Im Unterschied zum Schloss in Seedorf, das sich an französischen und süddeutschen Bauformen orientierte, ahmte die Casa di Ferro die mittelalterliche Wehrarchitektur Oberitaliens nach. Peter a Pro, in die Fussstapfen seines Vaters getreten, hatten zum Zeitpunkt, da er die Casa di Ferro erbauen liess, bereits öffentliches Ansehen erworben. 1542 war er Vogtschreiber in Lugano, dann diente er als Oberst in französischen Diensten. In seinen späteren Lebensjahren war er wiederholt Landammann von Uri. Sein Land vertrat er in verschiedenen diplomatischen Missionen. Das Reislaufen war für ihn – wie für andere angehörige des Innerschweizer Patriziats – Geschäft und Gelegenheit zum sozialen Aufstieg.

Die Casa di Ferro erhielt den Ruf einer Söldnerkaserne, in der die in den Reislauf ziehenden Kriegsknechte angeworben und ihren Einheiten zugeteilt wurden. Wie viele menschliche Schicksale in der Casa di Ferro entschieden wurden, können wir heute bloss ahnen. Mit Peter a Pro und dessen Bruder Jakob starb die Familie im späten 16. Jahrhundert aus. Die ennetbirgischen Besitzungen des Geschlechts wurden aufgeteilt, die Casa die Ferro fiel in private Hand. Soweit die Räume bewohnbar sind, dient der Gebäudekomplex heute als Privatwohnung.